Neutralität beginnt mit Selbstempathie
- Michael Bauer
- 29. März
- 2 Min. Lesezeit
Wenn ich höre oder lese, dass wieder Milliarden für Aufrüstung ausgegeben werden, frage ich mich: Haben wir wirklich nichts gelernt?
Mich macht das traurig. Und manchmal bringt es mich auch ins Zweifeln.
Denn ich habe einen tiefen Wunsch: Dass wir Menschen lernen, Konflikte auf friedliche Weise zu lösen. Dass wir in Bildung und Bewusstsein investieren – statt in Waffen.
Ich träume von einer Welt, in der unsere Kinder lernen, mit Konflikten anders umzugehen. Mit mehr Selbstvertrauen. Mehr Selbstliebe. Und vor allem: mit einer Kultur der Verbindung.
Was bedeutet Neutralität wirklich?
Aus Sicht der Gewaltfreien Kommunikation bedeutet Neutralität nicht, allem zuzustimmen oder alles gutzuheißen. Es bedeutet: jedem Menschen mit derselben Wertschätzung zu begegnen. Auch – oder gerade – in Konflikten.
Ein Beispiel, das ich gerne in meinen Kursen erzähle:
Stell dir vor, dein Kind wird in der Schule ausgegrenzt. Es darf nicht mitspielen, wird gemieden – keiner weiß genau warum. Irgendwann explodiert es und greift ein anderes Kind an.
Würdest du wollen, dass die Lehrerin dem anderen Kind einen Baseballschläger gibt, damit es sich wehren kann?Oder lieber, dass sie den Konflikt vermittelt – und beiden Kindern hilft, ihre Bedürfnisse zu verstehen?
Den Menschen hinter der Handlung sehen
Neutralität heißt nicht, die Tat zu verschweigen. Gewalt ist nie okay – und darf benannt werden.Aber um echte Lösungen zu finden, brauchen wir eine Haltung, die den Menschen hinter der Handlung sieht.Mit all seinen Ängsten, Sorgen und unerfüllten Bedürfnissen.
Ich bin überzeugt: Angst ist einer der Hauptgründe, warum Menschen gewalttätig werden.Und Angst ist ein schlechter Ratgeber.
Selbstempathie als Friedensarbeit
Bevor wir andere begleiten oder Konflikte vermitteln können, braucht es etwas ganz Essenzielles: Selbstklärung.
Was ist mir gerade wichtig?Was brauche ich selbst, um ruhig und offen zu bleiben?
Erst wenn ich meine eigenen Bedürfnisse kenne, kann ich wirklich neutral – also vorurteilsfrei – zuhören und vermitteln.
Solange ich innerlich noch denke:
„So ein schlimmes Kind“ oder „Das hat’s verdient“
bin ich nicht neutral. Dann bin ich im Urteil – und verschließe den Raum für Verbindung.
Neutralität als Chance für Europa
Ich wünsche mir, dass Österreich an seiner Neutralität festhält - dass wir ein Boden bieten, auf dem Konfliktparteien miteinander ins Gespräch kommen können.
Und wenn ich noch weiter träumen darf:
Wünsche ich mir das für ganz Europa. Das wir eine neue Sicherheitsstruktur erschaffen, die nicht aus einer Reaktion auf Angst folgt, sondern eine, die auf Neutralität und Gemeinschaft aufbaut, wo Länder einen sicheren Hafen haben, um über ihre Konflikte zu reden.
Ein sicherer Hafen für Gespräche, für Verständigung.
Das würde Leid verhindern. Leben retten.
Und die Wahrscheinlichkeit senken, dass unsere Kinder jemals an die Front müssen.
99 % von uns können es
Warum ich davon überzeugt bin?
Weil 99 % der Menschen Konflikte friedlich lösen können, wenn wir mal über die strukturelle Gewalt und die in der Kommunikation hinwegsehen.
Was wir in den Medien, in allen Medien zu sehen bekommen, sind die 1 %, bei denen es (noch) nicht gelingt.
Gleichzeitig braucht unsere Gesellschaft dringend ein Update:
In der Kommunikationskultur.
In der Konfliktfähigkeit. In der Art, wie wir miteinander und übereinander sprechen.
Neutralität ist kein Rückzug. Neutralität ist eine Haltung.
Eine, die Frieden möglich macht.
PS: Du hast Interesse deine Vater-Kind-Beziehung zu stärken?
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